Dr. Philip Lübke: Kommunikation ist das A und O

  02.05.2023    Deutscher Handballbund
Der leitende DHB-Verbandsarzt im Interview zu Intention und Ansatz des Symposiums „Handball trifft Sportmedizin“

„Handball trifft Sportmedizin“ heißt es im Rahmen des Finalwochenendes der IHF U21-Weltmeisterschaft in Berlin beim Medizinsymposium des Deutschen Handballbundes. Am 30.Juni und 1. Juli treffen sich Experten – Sportmediziner, Mannschaftsärzte, Physiotherapeuten und Athletiktrainer – und diskutieren mit hochkarätigen Referenten über aktuelle Themen aus den Bereichen Medizin, Therapie und Training. Einer der Referenten ist Dr. Philip Lübke, der leitende DHB-Verbandsarzt. Der Kieler spricht über das „Medical Team“ im Jahrzehnt des Handballs. Dr. Patrick Luig (Bundestrainer Bildung und Wissenschaft referiert über langfristigen Leistungsaufbau als Grundlage einer gesunden Karriere.

Aber welche Schlüsse kann die Sportmedizin aus dem Spitzensport auch für den Breitensport ziehen? Warum ist das Netzwerken für Sportmediziner so wichtig? Oder: Welches Rüstzeug muss ein guter Sportmediziner mitbringen? Antworten auf diese und noch mehr Fragen gibt Dr. Philip Lübke in diesem Interview.

Was gehört im übertragenen Sinne in den Werkzeugkasten eines Sportmediziners?
Dr. Philip Lübke: Auf jeden Fall zählen zu den relevanten Fertigkeiten eines Mannschaftsarztes alle Facetten eines Sportmediziners, Orthopäden und Unfallchirurgen. Daneben gehört natürlich ein gutes Verständnis der jeweiligen Sportart dazu. Und der Wille und die Motivation, dass man mehr leisten kann, als man denkt. Bei Lehrgängen und Turnieren hat man eine Stoßzeitenbelastung, die knapp an rund um die Uhr geht. Daneben muss man in der Lage sein, schnell und pragmatisch Lösungen zu finden. Final muss man alle seine Netzwerke mit Medizinern, Physiotherapeuten oder Athletiktrainern pflegen und wissen, wen man fragen kann, wenn man Hilfe benötigt, oder selbst Hilfe zu geben.

Ist für Handball ein spezielles Wissen notwendig?
Dr. Philip Lübke: Man muss natürlich das Spiel verstehen, um im Dialog mit den Spielern zu bleiben, man muss die Belastungsspitzen und die Periodisierung kennen. Denn entscheidend ist für den Sportmediziner die Verletzungsprävention, nicht die Behandlung von Verletzungen - wir wollen diese durch Regeneration vermeiden.

Überhaupt: Welche Rolle spielt Kommunikation in der Sportmedizin?
Dr. Philip Lübke: Die Kommunikation mit allen Beteiligten ist das A und O, speziell natürlich mit dem medizinischen Staff. Jeder Einzelne ist ein unersetzbarer Baustein, egal ob Mannschaftsarzt, Mentaltrainer, Athletiktrainer oder Psychologe. Aber genauso wichtig ist der Austausch mit dem Trainerteam, was die Belastungssteuerung und die Verletzungsprophylaxe betrifft. Und ohne Netzwerk geht das alles nicht, gerade im Nationalteam, da lebt unsere Arbeit vom ständigen Austausch mit unserem Trainerstab, aber gleichzeitig auch mit den Bundesliga-Vereinen, egal, ob im medizinischen oder sportlichen Bereich. Die Spieler sollen optimal vorbereitet zu unseren Maßnahmen kommen und dann auch genauso wieder in die Klubs zurückkehren. Zwischen Verein und Verband muss es einen lückenlosen Übergang geben.

Wie hat sich die Sportmedizin fachlich entwickelt?
Dr. Philip Lübke: Wie in der Medizin generell haben sich viele frühere Nebensätze zu Kapitel-Überschriften entwickelt. Wir wissen heute viel mehr über die Bedeutung von Regeneration, Prävention, Athletik oder Ernährung als früher. Wir haben mittlerweile ein ganz anderes Verständnis und viel mehr Möglichkeiten, aber auch andere Ansprüche von Seiten der Athleten. Dazu sind viele Sportarten schneller und dadurch verletzungsanfälliger geworden - das müssen wir berücksichtigen.

Was kann die Sportmedizin für den Spitzensport ermöglichen?
Dr. Philip Lübke: Sportmedizin soll gerade im Spitzenbereich die Spielfähigkeit durch Prävention, Behandlung und Regeneration sicherstellen, die Leistung muss erhalten, gesichert und verbessert werden.

Und wie lässt sich das Wissen für die Basis und den Breitensport nutzen?
Dr. Philip Lübke: Man kann die Maximalanforderung des Spitzensports auf den Breitensport skalieren, Gerade der Gesundheitssport profitiert von den Erfahrungen aus dem Spitzensport, aber auch der Breitensport generell, man kann vieles übertragen.

Warum lohnt sich mit Blick auf all diese Aspekte eine Teilnahme am Medizinsymposium in Berlin?
Dr. Philip Lübke: Bei uns ist der Gedanke entstanden, dass sich vielen Mitstreiter der medizinischen Teams einfach besser kennen und schätzen lernen und vernetzen sollten. Das Symposium soll den vertrauensvollen Austausch fördern. Jeder, der dort hinkommt, kann und wird etwas lernen und neue Kontakte knüpfen. So kann die Unterstützung der Athleten weiter optimiert werden. Es werden Vorträge von erfahrenen Sportmedizinern wie meinem Vorgänger Kurt Steuer oder Bernd Wolfarth, dem leitenden Arzt des DOSB geben. Es gibt zudem Fachvorträge zum Beispiel zum Thema Beachhandball, von Physiotherapeuten oder von Athletiktrainern wie DHB-Bundestrainer Simon Overkamp. Für jeden ist etwas dabei, und jeder wird das Symposium mit der Erkenntnis verlassen „das habe ich gar nicht gewusst“. Zudem kann jeder sein Netzwerk erweitern und pflegen.

 

Am 30.Juni und 1. Juli Im Vordergrund des DHB-Symposiums „Handball trifft Sportmedizin“ steht der interdisziplinäre Austausch zu sportmedizinischen Themen. Details zum Veranstaltungsablauf werden mit dem finalen Programm bekannt gegeben. Die Veranstaltung beginnt am Freitag, 30.Juni gegen 15:30 Uhr. Den Abschluss der zweitägigen Veranstaltung bildet der gemeinsame Besuch der beiden Halbfinalpartien der IHF U21-Weltmeisterschaft in der Max-Schmeling-Halle am Samstagnachmittag, den 1. Juli. Tickets sind bereits im Veranstaltungspaket inkludiert.

Anmeldung für das Symposium hier.

 

Weitere Referenten und Vortragsthemen:

Prof. Dr. Kurt Steuer (ehem. leitender DHB-Verbandsarzt): die Werferschulter – der Bizepsanker im Rahmen des Therapiekonzepts
Dr. Florian Dreyer (Arzt der Beachhandball-Nationalmannschaft): Beachhandball – Das Gleiche im Sand?
Prof. Dr. Bernd Wolfarth (Leitender Olympiaarzt des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB): Grundlagenuntersuchungen
Simon Overkamp (Bundestrainer Athletik DHB) / Daniel Müller (Athletiktrainer SC Magdeburg): Athletiktraining nach Schädel-Hirn-Trauma
Dr. Torsten Morschheuser (Sportkardiologe): Leistungsdiagnostik: Nur Leistungsoptimierung oder neue Einsatzmöglichkeiten?