Ein Riesenpuzzle
  22.04.2021 •     BHV-Verband , Spieltechnik


BHV-Vize Harry Sauer ist mit der Spielplangestaltung seit über einem Jahr extrem eingespannt.

Harry Sauers Freizeit besteht größtenteils aus Handball. Der 64-jährige Eppelheimer lebt für seinen Sport wie kaum ein anderer. Als Vizepräsident Spieltechnik beim Badischen Handball-Verband hat er im vergangenen Jahr mit seinen Mitstreitern doppelt so viel Arbeit leisten müssen als sonst. Spielpläne erstellen, umgestalten und letztlich der Saisonabbruch samt Annullierung haben ihm vieles abverlangt.
Aktuell bastelt Sauer an den Spielmodellen für 2021/22 und steht im regen Austausch mit den Vereinen der Baden- und Verbandsligen. Wir haben bei ihm nachgefragt, auf was es in diesen besonderen Zeiten ankommt.

Herr Sauer, als Vizepräsident Spieltechnik haben Sie vor Rundenbeginn immer die meiste Arbeit?
Harry Sauer: Da muss ich etwas ausholen (schmunzelt). In einem „normalen“ Jahr ohne Corona liegt der Schwerpunkt dabei in der Zeit von Januar bis Juni und ist mit einem Halbtagsjob gleichzusetzen. Wir sind bestrebt, so früh wie möglich den Teams Platzziffern zu geben, womit diese dann die Hallenbelegung in Abstimmung mit ihren Städten und Gemeinden planen können. Dabei gilt es auf besondere Wünsche der Klubs einzugehen und auch besondere Konstrukte wie beispielsweise in Pforzheim, wo sich mehrere Vereine eine Halle teilen, zu berücksichtigen. Das Ganze ist ein Riesenpuzzle, das wir in der Spieltechnik sukzessive zusammensetzen.

Seit Beginn der Corona-Pandemie wurde die Arbeit vermutlich nicht weniger?
Absolut. Seit wir mit Corona leben müssen, ist die Arbeit durchgängig so intensiv wie sonst nur zwischen Januar und Juni. Das ist für alle Beteiligten sehr anstrengend und für die Vereine nicht sichtbar, welch großer Aufwand dahintersteckt.
Nachdem wir die Spielpläne gemacht haben, begannen die Inzidenzwerte im vergangenen Spätjahr nach drei, vier Wochen Spielbetrieb schon wieder zu steigen und wir waren früh gezwungen uns alternative Möglichkeiten überlegen. Das Puzzlen hat wieder begonnen, mit der Prämisse es den Vereinen so leicht wie möglich zu machen.

Dann ging die Stimmung aber schnell Richtung Saisonabbruch und Annullierung?
Ja, das war gegen Dezember/Januar. Telefon- und Videokonferenzen waren an der Tagesordnung, unser Präsident Peter Knapp hatte sogar bis zu vier Videokonferenzen am Tag. Letztlich war klar, dass es zu einer Annullierung der Spielzeit 2020/21 kommt. Zur nächsten Runde geht es quasi bei Null los.

Können Sie schon etwas über den Spielmodus der kommenden Saison sagen? Erleben wir wieder eine „normale“ Runde, oder müssen wir uns auf alternative Spielmodelle einstellen?
Darum kümmern wir uns aktuell und binden die Vereine von vorneherein mit ein. Diese Woche sind jeden Tag Telefonkonferenzen mit den Vereinen der Baden- und Verbandsliga geplant, wobei wir verschiedene Varianten vorstellen. Da wäre zum einen ein normaler Spielbetrieb mit Hin- und Rückrunde. Gleichzeitig stellen wir aber auch zwei weitere Varianten vor, um flexibler auf eventuelle Verlegungen reagieren zu können. Eine Möglichkeit wäre es nur eine Vorrunde zu spielen, was bei einer 16er Staffel 15 statt 30 Spiele bedeutet. Die dritte Variante sieht vor, die Ligen zu splitten und nachdem jeder einmal gegen jeden gespielt hat, in einer Art Playoff Meister und Absteiger zu bekommen.

Bis wann müssen die Vereine sich dazu äußern?
Wir haben ein Abstimmungsformular eingerichtet und bitten die Vereine bis zum 28. April ihre bevorzugte Variante zu nennen.

Gilt das Ergebnis dann für sämtliche Ligen des Verbandsgebiets?
Vermutlich nicht ganz. Für Baden-, Verbands- und Landesligen sicherlich. Eventuell auch für die oberen Bezirksligen, die zwölf und mehr Mannschaften umfassen, hier liegt jedoch die Zuständigkeit bei den Bezirken. In Ligen, die weniger Mannschaften haben, könnte unter Umständen aufgrund der geringeren Spielanzahl der gewohnte Saisonplan durchgezogen werden.

Aus Sicht der Handballerinnen und Handballer ist die Situation frustrierend. Nun darf schon seit einem halben Jahr nicht mehr gespielt werden. Wie sehr blutet Ihnen dabei das Herz?
Das ist ganz schlimm und verursacht bei mir sehr viel Kopfzerbrechen. Mir stellt sich die Frage, ob wir, wenn wir wieder dürfen, den Stand vor Corona erreichen. Ich wage es jedenfalls zu bezweifeln und befürchte personelle Rückgänge bei Erwachsenen- wie bei Jugendmannschaften. Gerade bei den Jüngeren besteht die Gefahr, dass sie sich vermehrt den virtuellen Angeboten wie e-Sports und dergleichen zuwenden.
Was ich extrem vermisse, ist die Stimmung in den Hallen zu erleben. Ich bin regemäßig bei den Rhein-Neckar-Löwen, in Großsachsen, Oftersheim/Schwetzingen oder auch Eppelheim zu Gast. Wenn ich nun beispielsweise Spiele der Rhein-Neckar-Löwen in einer leeren SAP Arena sehe, wo gerne mal bis zu 13 000 Zuschauer kommen, bedrückt mich das sehr.